Was wenn die richtige Talentfindung weder teure Employer Branding Kampagnen noch exzessive Active Sourcing Aktivitäten bedingen?

Im Wirrwarr um Digitalisierung, Systemoptimierung, Wandel des Wandels, Überhäufung von Informationen um neue Tools und externe Erfolgsgeschichten sowie sich veränderten Unternehmens-, und Linienansprüchen rennt man den Talenten hinterher; und die „time to hire“ ist zwecks internen Strukturen, mangelhafter Kommunikation und „human errors“ noch immer nicht besser. Was also könnte ich hier zum Besten geben, das gleichwohl bahnbrechend neu, nachhaltig wie universell einsetzbar ist und dennoch seit Ewigkeiten besteht? Die simple Lösung gründet auf der Wissenschaft des individuellen menschlichen Handelns.

Praxeologie 2.0 – das menschliche Handeln – neu erklärt.
In der kürzesten Form beschreibt die Praxeologie 2.0, dass jeder Mensch subjektiv immer nach einer Verbesserung des aktuellen Zustandes strebt. Ausnahmslos. Jede Handlung unterliegt dieser Motivation. Je nach Lebenssituation und verfolgter Ziele ist der Zeitfaktor massgebend für die Entscheidungsfindung – wann, wie schnell und mit welcher Nachhaltigkeit will ich diesen besseren Zustand erreichen? Dabei gibt es keine Wertung was „Besser“ oder „Schlechter“ ist, weil die Verbesserung stets subjektiv und individuell ist. Ebenso unmöglich ist daher die Generalisierung auf Zielgruppen, Generationen oder gar Gesellschaften. Im Active Sourcing bedeutet dies sich extensiv individuell mit den gesuchten Talenten auseinander zu setzen. Genau die raren Talente werden überrannt mit Angeboten und haben eine eher abneigende Haltung stets den Job wechseln zu „sollen“. Diese Personen sind trotzdem nicht weniger offen für eine neue Tätigkeit. Nur wollen sie dann wechseln wenn es ihnen richtig erscheint. Darauf gilt es Rücksicht zu nehmen. Ich kann eruieren was es braucht, respektive wann der richtige Zeitpunkt sein könnte. Mit der praxeologischen Haltung eine einfache Sache: Das wertfreite Verständnis und die Achtung meines Gegenübers Bedürfnissen, in der Sache wie im zeitlichen Aspekt. Das schafft Vertrauen, macht die Firma zu einem ebenbürtigen Ansprechpartner und wir kommunizieren auf Augenhöhe.

Die zweite, inflationär bekannte Grundlage, ist die Kommunikation. Basierend auf der Haltung, dass jeder Mensch frei entscheiden will, sind in der Kandidatenkommunikation nuancierte Formulierungen, die der Gesamtstrategie der Talent Acquisition Rechnung tragen, das Salz in der Suppe. Active Sourcing ist positiver, transparenter, ehrlicher und authentischer Diskurs mit Bewerbern und Talenten. Ebenso sind standardisierte Kommunikationsmittel wie Absagen, Mailings, Rückgewinnungsmails etc. mit der Haltung, der Strategie und den Zielpersonen abgestimmt. Sind Personen einmal überzeugt hat man, via gut geführtem Talent Pool, leichte Hand die geeigneten Profile anzugehen und im richtigen Moment für sich zu gewinnen. Die kollegiale menschliche Art eines Recruiters und der Linie untermalen dies. Candidate Relationship Management at it’s best.

Wie geht das im Rekrutierungsverfahren?
Im grössten Schweizer Medienhaus habe ich u.a. spezifische Vakanzen über LinkedIn rekrutiert. Interessenten bewerben sich mit Ihrem Profil mittels „One-Click“-Bewerbung, ohne Motivationsschreiben und Bewerbungsdossiers erstellen zu müssen, quasi eine Interessensbekundung für einen Job mit minimalem Aufwand. Alle Personen erhalten eine persönliche Dankesmail, Nachricht, oder Absage. Die Bewerber werden rasch und unkompliziert mit der Linie geprüft und selektiert. Passende Personen führen direkt mit der Linie ein telefonisches Gespräch um den gegenseitigen Fit zu klären. All dies geschieht innerhalb von LinkedIn. Das weitere Vorgehen ist klar, persönliche Gespräche, Vertragsverhandlung etc. Diese Personen dann mittels Candidate-Hub für andere Vakanzen zu prüfen und motivieren gehört genauso zum Prozess. Hört sich logisch an? Klar. Der feine Unterschied liegt im Ansatz. Erstens hat sich der Kandidat freiwillig gemeldet, er wurde also nicht direkt angesprochen. Zweitens zählt für uns das heutige Kompetenzprofil des Kandidaten und nicht der klassische HR-Lebenslauf. Drittens ist es für Personen noch immer unüblich, via LinkedIn unkompliziert, rasch und ernstnehmend in ein Bewerbungsverfahren zu kommen. Man jagt Menschen nicht um sie für einen Jobwechsel zu überzeugen, sondern überlässt dem Menschen die Entscheidungsfreiheit einer Interessensbekundung. Wir liefern bloss die Optionen. Active Sourcing ist Matching von Bedürfnissen und Optionen, Nachfragen und Angeboten. Employer Branding, Talent Relationship Management, Candidate Experience, Talent Retention, Networking, Online-Kommunikation und letztlich die technischen Errungenschaften gehören gekonnt und überlegt eingesetzt. Die geschickte Verbindung von Praxeologie 2.0, wohlüberlegter Kommunikation und fortschrittlichem Mindset bilden dennoch die entscheidende Grundlage für erfolgreiches Active Sourcing. Unabhängig was sich noch alles in der Welt verändert, die Konstante der Praxeologie bleibt mit Sicherheit bestehen.

Angelo Ciaramella verfasst für den Recruiting Guide 2016 / Herausgeber: HR Today

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